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Die Hauptschule – ein Auslaufmodell?

Ist die Hauptschule ein sinkendes Schiff?

„Wo Deutschlands Kinder verloren gehen“, „Jugend ohne Traum“, „Hauptsache nicht Hauptschule“ oder „Endstation Hauptschule“ – so titeln deutsche Zeitungen und Zeitschriften.  Hat der Hauptschule wirklich die letzte Stunde geschlagen?

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Experten wie der Bildungsforscher Ernst Rösner vom Dortmunder Institut für Schulentwicklungsforschung kommt zu einem vernichtenden Urteil: „Die Hauptschule ist am Ende." Das dreigliedrige Schulsystem schaffe sich dieser Tage selbst ab. „Die Hauptschule hat keine Zukunft, weil die Eltern sie nicht wollen. Und die Eltern sind die wahren Schulpolitiker", führt Rösner in einem Spiegel-Artikel 2006 als Hauptgrund an. Auch Udo Beckmann vom Verband Bildung und Erziehung (VBE) und langjähriger Direktor einer Hauptschule sagt: „Nicht die Hauptschule ist krank, sondern das dreigliedrige Schulsystem.“

Die Hauptschule in der Krise

Entstanden in den 1960ern ist die Hauptschule schon wieder in der Krise: Wo sie noch nicht abgeschafft, respektive gar nicht erst eingeführt wurde (in den ostdeutschen Bundesländern nach der politischen Wende), wird die Hauptschule teil- oder vollintegriert. Nur noch wenige Bundesländer halten an dem Ursprungskonzept Hauptschule fest. 1992 gab es 6500 Hauptschulen im Bundesgebiet; mittlerweile sind es weniger als 5000.

Der Hamburger Erziehungswissenschaftler Herbert Grudjons sieht den Grund für den schlechten Ruf und das Leistungsniveau der Hauptschulen darin, „dass der Besuch der Hauptschule selten durch freie Entscheidung für ein hauptschulspezifisches Konzept zu Stande kommt, sondern weitgehend Folge eines negativen Ausleseprozesses ist.“

Hauptschulen ‚gewinnen‘ ihre Schüler nicht wie andere Schulformen aufgrund ihrer Konzeption, sondern müssen all jene auf nehmen, die in den anderen Schulen nicht reüssieren. So sitzen in vielen Hauptschulen Schüler an der Grenze zu einer Lernbehinderung neben durchschnittlich begabten und leistungsfähigen Schülern. Schüler mit zufriedenstellender sprachlicher Kompetenz neben Schülern mit geringen Deutschkenntnissen. Sämtliche Schüler entstammen unterschiedlichen soziokulturellen Lebenslagen – dies kann zu Spannungen führen.

Hauptschulen: keine Lobby, viel Stigma

Eine Shell-Studie (2006) belegt, dass die Hauptschüler deutschlandweit wissen, wie gering ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind. Sich selber sehen sie als Verlierer und Versager und viele Hauptschüler schämen sich, Hauptschüler zu sein: Hier wird eine negative Elite ausgebildet. So nimmt auch die Zahl der Hauptschüler von Jahr zu Jahr stetig ab, wohingegen die Zahl der Realschüler und Gymnasiasten zunimmt.

Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass die Chancen für Hauptschüler von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind. Die Statistiken versprechen dies: 40 Prozent der Hauptschüler beginnen eine Ausbildung im dualen System, acht Prozent starten eine vollzeitschulische Ausbildung oder eine Beamtenausbildung.

Land in Sicht? Die Gemeinschaftsschule

Viele Bundesländer beginnen mit der Reformierung ihres Schulsystems und erweitern die Abschlussmöglichkeiten an Hauptschulen oder integrieren die Hauptschule in einer Gemeinschaftsschule. Dann lernen die Schüler aller Schulformen länger zusammen – bis zur achten oder zehnten Klasse – und sollen so voneinander profitieren. Kritiker monieren, dass, wenn alle Schüler in einen Topf geworfen werden, die Schüler „zu einem Drittel gut aufgehoben, zu einem Drittel überfordert und zu einem Drittel unterfordert“ wären. Befürworter der Reform räumen ein, dass bei einem gemeinsamen Unterricht die Schüler mit  verschiedenen Leistungsniveaus keine Nachteile hätten: „Die Schlauen werden nicht dümmer, aber die Dummen besser.“

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