UNO-Konvention: Mehr Rechte für Eltern behinderter Kinder
Zeit, dass was passiert
Deutschland sei nur auf dem Papier behindertenfreundlich, so die Kritik. Am 1. Januar 2009 trat die UNO-Konvention in Kraft, die die Recht der Behinderten auf ein barrierefreies Leben stärkt und auch Eltern behinderten Kinder ermöglicht, selber über die Schulbildung zu entscheiden.
Bisher ist es in Deutschland so, dass Kinder mit einem speziellen Förderbedarf in Förderschulen, ehemals als Sonder- oder Hilfsschulen bezeichnet, getrennt von Gleichaltrigen unterrichtet werden. Man wolle in den Förderschulen den speziellen Bedürfnissen und Anforderungen der Kinder gerecht werden. Die Kritiker weisen auf den separativen und selektiven Charakter der Institution Förderschule hin – die Befürworter verweisen immer wieder auf den Schonraum für jene, die bestimmte Defizite aufweisen und andernorts gegängelt und schlechter gefördert würden. Fakt ist, dass jedes Kind anders ist und andere Ansprüche hat.
Eine Schule für alle
Eine Schule für alle muss auch eine Schule für alle sein: Also auch für die behinderten Kinder. Momentan ist es in Deutschland so, dass behinderte Kinder entweder in Förderschulen getrennt unterrichtet und in speziellen Integrationsschulen und –klassen integriert werden. Die jüngsten Forderungen zielen auf eine inklusive Beschulung aller Schüler in einem einzigen Schulsystem. Unabhängig von Alter, Geschlecht, sozialer Herkunft, Leistung und eben auch Behinderung. Um dies gewährleisten zu können, müssen Schulen und die Gesellschaft im Ganzen Barrierefreiheit garantieren: Barrierefrei ist alles, was Menschen mit Behinderung grundsätzlich und ohne fremde Hilfe zugänglich ist, also Gebäude, Internet-Seiten oder auch Verkehrsmittel.
UNO-Konvention – ein Streif am Horizont?
Die neue UNO-Konvention beginnt das System der Förderschulen unter Druck zu setzen: Sie fordert das Recht behinderter Kinder auf inklusive Bildung. Doch acht von zehn Kindern mit Behinderungen finden bundesweit keinen Platz in einer Regelschule. Mit der Konvention sollen Menschen mit Behinderungen ihr Recht auf ein Leben ohne Barrieren besser wahrnehmen können. Dazu gehört auch der Zugang zu inklusiver Bildung und die Anerkennung der Autonomie der Betroffenen, selbst entscheiden zu können, wie und wo sie lernen wollen.
Die UNO-Konvention macht jedoch keine Vorgaben, wie das Bildungssystem konkret aussehen soll; hier kann der Staat entscheiden – und der deutsche befähigt erst einmal eine Arbeitsgruppe. Die Mühlen mahlen langsam. Trotz allem liegt in der Konvention großes politisches Potential: Die Schulbehörden müssen nun erklären, warum sie ein behindertes Kind nicht aufnehmen und können nicht mehr ohne Weiteres organisatorische oder finanzielle Gründe angeben.
Antwort der KMK
Die Kultusministerkonferenz (KMK) plant nun, neue Abschlüsse für Förderschüler einzuführen, denn bislang verlassen sie die Förderschule ohne Abschluss. Wer also keinen Abschluss an einer weiterführenden Schule ‚dranhängt‘, geht in die Statistik als Schulabbrecher ein. So werfen die Kritiker der KMK-Pläne ein, dass die neuen Abschlüsse lediglich die Statistik beschönigen solle und kein gutes Signal setze: Neue Abschlüsse würden nicht das System prüfen, sondern die Förderschule per se bestätigen.
Behindert ist man nicht, behindert wird man
So der Slogan der „Aktion Mensch". Zu diesem Schluss kommt auch Karin Evers-Meyer, SPD-Bundesbeauftragt: „In allen Lebensbereichen werden Menschen mit Handicap behindert und ignoriert". Daran schließen sich sofort weitreichende Debatten darum an, was ‚normal‘ ist. Was als normal angesehen wird, wird auch schnell normativ.
Zudem begegnet uns das vermeintlich Perfekte alltäglich: In der Werbung, in den Medien. Menschen mit Behinderungen stellen noch immer etwas Fremdes und Ungewohntes da. Dies wird zusätzlich unterstützt durch die Auffassung, dass sie in eigenen Einrichtungen wie der Förderschule, Heimen und Behindertenwerkstätten besser aufgehoben seien.
Im Zuge der Konvention entwerfen Behindertenverbände einen Nationalen Aktionsplan, um den Handlungsbedarf festzustellen und konkrete Schritte festzulegen. Daran anschließen müssen sich politische Selbstverpflichtungen und vielfältige Fortbildungen für das Lehrpersonal der bundesdeutschen Schulen.