Zukunft der Gesamtschule
Die Gesamtschule zwischen Reform und Debatte und Reformdebatte
Die Wellen schlagen hoch in der bildungspolitischen Debatte: Wohin wird die Reise gehen? Wird das dreigliedrige Schulsystem zugunsten eines zweigliedrigen weichen? Wird damit auch die Gesamtschule ihre Existenzberechtigung verlieren? In Blick auf die Bundesländer verrät mehr.
In vielen deutschen Bundesländern wird derzeit an Reformen des Schulsystems gearbeitet. Dies stößt mal mehr, mal weniger auf Zustimmung. Allen Verbesserungen zum Trotz werden gute Schulen vielerorts nicht mehr in ihrer jetzigen Form existieren können, wenn sich die Reformvorstellungen durchsetzen. Die betrifft in den wenigsten Fällen die Gymnasien, die fast überall unangetastet bleiben und an ihre Seite eine neue Schulform – je nach Bundesland anders tituliert – gestellt bekommen.
Beispiel Hamburg: Stadtteilschule
In Hamburg wird derzeit heftig über die Umstrukturierung der Schulformen und die Einführung der sogenannten Stadtteilschule debattiert. Angedacht ist, dass alle Schüler zusammen bis zur sechsten Klasse die Grundschule besuchen. Danach entscheiden die Eltern, ob das Kind auf das wissenschaftsorientierte Gymnasium oder die berufsorientierte Stadtteilschule gehen soll. Die Stadtteilschule führt wie das Gymnasium zu allen Schulabschlüssen und subsummiert Haupt-, Real- und Gesamtschule und eine gymnasiale Oberstufe.
Beispiel Berlin: Regionalschule
In Berlin wird ebenfalls darüber diskutiert, eine neue Schulform einzuführen, die Regionalschule. Auch sie schließt sich an eine sechsjährige Grundschulzeit an. Danach wird wie in Hamburg entschieden, ob ein Kind auf das Gymnasium oder eben die Regionalschule wechselt. Auch in Berlin ist die neue Schulform eine Kombination aus Haupt-, Real- und Gesamtschule und einer gymnasialen Oberstufe.
Beispiel Bremen: Oberschule
Die Reformdebatte zieht auch an Bremen nicht vorbei: Hier wird ebenfalls nicht an der Existenz des Gymnasiums gerüttelt und als zweite Schulform die Oberschule erdacht. Auch die Oberschule führt nach der Grundschule zum Hauptschul- oder Realschulabschluss oder zum Abitur. Es bestehen allgemein keine Unterschiede zu den anderen Bundesländern außer dem Namen.
Beispiel Nordrhein-Westfalen: Gemeinschaftsschule
Auch Nordrhein-Westfalen plant Veränderungen im Bereich der Schulformen und der Organisation. Hier soll die Form neben dem Gymnasium Gemeinschaftsschule heißen. Sie nimmt alle Schüler nach der Grundschule auf und vergibt bis zur zehnten Klasse alle Schulabschlüsse der Sekundarstufe I.
Problematik und Kritik
Durch die Umstrukturierung fallen allerorts gute Gesamtschulen den Reformen zum Opfer. Nicht das Gymnasium und die Existenz des Gymnasiums werden angetastet und in Frage gestellt, sondern die Gesamtschulen und ihre Existenz. Zumal die meisten Gesamtschulen keinen guten Ruf haben, wohingegen die Gymnasium zur Haupt-Schule für fast alle Schüler geworden ist. Wie in Hamburg ist zudem eine bedenkliche Tendenz zu sehen, die die neuen Schulformen zusätzlich kategorisiert: Das Gymnasium ist klar wissenschaftsorientiert und damit höher eingestuft. Die Stadteilschule ist berufsorientiert, praktischer und in der Bandbreite der Schülerschaft heterogener. In der öffentlichen Meinung ist die Stadtteilschule unter und nicht neben dem Gymnasium angesiedelt.